Seit ich in der HafenCity wohne, habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, abends noch einen kleinen Spaziergang zu machen. Nur kurz vor die Tür und Abendluft schnappen. Kurz nach acht geht die Sonne unter, dann beginnt die blaue Stunde, die meistens deutlich kürzer als 6o Minuten verweilt. Ab neun Uhr ist richtig dunkel, dann wird es schwierig noch Fotos zu machen. Aber kurz vorher ist fast immer ein farbenfroher Sonnenuntergang am Westhimmel zu sehen.
So war das auch gestern abends und weil an der Elbphilharmonie nicht viel los war, entschloss ich mich noch schnell die Aussichtsplattform zu entern. Sehr lobenswert, dass die Tickets noch immer kostenfrei ausgegeben werden. Allerdings bilden sich tagsüber lange Schlangen vor dem Schalter und da kann es sich dann lohnen, doch ein Ticket online zu kaufen, dann allerdings für zwei Euro. Man spart sich die Wartezeit, das muss man abwägen.
Wochentags und auch sonntags beruhigt sich der Andrang am Abend merklich. Sobald die Konzertbesucher angekommen sind, leert sich der Vorplatz. Und oben, auf der rund um das Gebäude laufenden Plaza, war auch nicht mehr viel los. Die Gelegenheit nutzte ich für ein paar stimmungsvolle Aufnahmen.
Zwischenzeitlich hatte man auch den Schalter für die blaue Beleuchtung umgelegt und so kontrastierte das Himmelsrot mit dem Neonblau um die Wette. Einziger Wermutstropfen für mich war meine Höhenangst, die sich immer öfter meldet. Gestern war wieder so ein Tag und mir war es einfach nicht möglich näher an das Geländer heranzutreten. Da hilft kein gutes Zureden, denn die Angstgefühle entstehen nun mal nicht in der Logikzentrale des Gehirns, sondern in einem deutlich älteren Stamm. Und der kennt nur drei Reaktionen: flee, fight or freeze (fliehe, kämpfe oder stelle dich tot). Die berühmten drei F. In der Öffentlichkeit schwanke ich zwischen Flucht und Erstarrung. Augen zu und durch, sozusagen, aber auf Dauer sehr anstrengend. Ich habe aber die Hoffnung, mich doch noch an die neue Perspektive aus der Höhe zu gewöhnen. Ich muss sie ja nicht lieben, aber es wäre schön, wenn ich sie mit Gelassenheit ertragen könnte. Die Bilder, die ich dann mit nach Hause nehme, entschädigen mich meistens für das mulmige Gefühl bei der Aufnahme.
Ich dachte schon, die Plaza gehöre mir alleine, aber als ich mich dann der Westseite näherte, standen dort doch ziemlich viele Besucher und bestaunten den Abendhimmel. Und die haben Ausdauer. Wenn sie sich endlich den Platz in der ersten Reihe erkämpft hatten, wurde der nicht wieder freigegeben. Nun gut, mich hat es nicht gestört, denn ganz vorn, am Rand, wollte ich dann doch lieber nicht stehen.