B + V Docks

Meine erste Hafenrundfahrt dürfte über sechzig Jahre her sein. Trotzdem erinnere ich mich gut daran. Der Ausflug war einfach zu aufregend, um irgendetwas zu übersehen oder zu vergessen. Meine Mutter ließ mich natürlich an der Reling sitzen, ohne mich auch nur einen Augenblick aus den Augen zu lassen. Ich war schon als Kind spontan in meinen Reaktionen und nie berechenbar. Beim Besuch im Zoo hatte ich mich sofort in den Tiger verliebt, dem ich begeistert beide Arme entgegenstreckte. Die Geste wurde verstanden. Das Tier erhob sich und kam langsam aus der dunklen Ecke auf mich zu. In dem Moment wurde es hinter mir unruhig, eine Frau schrie und eine große Männerhand zog mich hinter die Absperrung zurück. Ich verstand die Aufregung nicht und war genauso enttäuscht wie der Tiger. Noch heute bin ich davon überzeugt, dass er nichts Böses im Sinn hatte. Trotzdem war es gut, wenn jemand auf mich aufpasste.

Die Hafenrundfahrt ging glatt, ohne Zwischenfälle und ohne Sturz in die Elbe. Ich erinnere mich an die vielen Werften, die am Südufer der Elbe standen, gleich gegenüber von den Landungsbrücken. Howaldts Werft / Deutsche Werft, Stülcken Wert und Blohm + Voss. Die sind noch heute im Hamburger Hafen, allerdings etwas versteckter als früher. Trotzdem kann man einige ihrer Docks auch von den Landungsbrücken aus einsehen. Überrascht war ich, als ich erfuhr, dass sie insgesamt noch sieben Docks im Hamburger Hafen betreiben. Alle liegen eng beieinander, verdecken sich aber gegenseitig. Das größte ist das Dock Elbe 17, das sogar einen Giganten wie die Queen Mary 2 aufnehmen kann. Die kommt regelmäßig zum ‚Face Lifting‘ vorbei und das Eindocken dürfte spannend sein, denn da ist dann nicht mehr sehr viel Platz. Dann gibt es drei überdachte Docks (5, 10 und 12) und weitere drei Schwimmdocks (6, 11 und 16). Insgesamt also sieben Docks, verteilt zwischen dem alten Elbtunnel und dem alten Lotsenhaus. Einige Docks liegen direkt an der Norderelbe und andere sind im Werft- und Kuhwerder Hafen untergebracht. Dort werden oftmals Superjachten gebaut, deren Aussehen und Eigentümer möglichst anonym bleiben wollen. Das geht so weit, dass man ganze Schiffe unter Planen versteckt, als wäre der Künstler Christo am Werk gewesen.

 

Schwimmdocks sind grundsätzlich anders konzipiert als Trockendocks. Ein Schwimmdock, wie die beiden auf den Fotos, funktioniert wie in U-Boot. Man kann das Ding fluten, damit es abtaucht. Liegt es tief genug, kann das Schiff ein- oder ausfahren. Dann wird das Wasser herausgepumpt und das Dock taucht mit dem Schiff im Inneren auf. Gemeinsam schwimmen beide dann auf dem Wasser, sodass man die Stirnwände nicht schließen muss.

Beim Trockendock wird eine andere Technik genutzt. Man versenkt es im Wasser, lässt das Schiff einfahren und sperrt dann das Bassin ab. Ausschließend wird dann das Wasser aus dem Dock gepumpt und legt den Schiffsrumpf frei. Die gewaltigen Sperrtore werden mit Schleppern passgenau vor die Einfahrt gelegt. Das ist sicherlich ein sehenswertes Schauspiel, dass ich gerne einmal beobachten würde. Leider finde ich nirgends Hinweise, wann ein neuer Kunde im Dock erwartet wird.

Das Dock Elbe 17 ist eines der größten Trockendocks in Europa. Große Kreuzfahrer kommen regelmäßig zur Wartung vorbei. Es ist 351 Meter lang und 59 Meter breit. Der Tiefgang beträgt fast 10 Meter. Daraus ergibt sich ein Volumen von 240.000 Kubikmeter. Drei Pumpen können diese Wassermassen bewältigen. Sie brauchen ungefähr 21 Stunden, also weniger als einen Tag. Die Kapitäne der Schlepper, die ein Schiff in das Dock ziehen, müssen viel Erfahrung und ein Adlerauge haben. Die größten Gäste (Kreuzfahrtschiffe) hatte Abmessungen von 348 m x 41,4 m. Mit anderen Worten, da waren noch drei Meter Platz in der Länge und rund 16,5 Meter an beiden Seiten. Das ist verdammt wenig, aber es ging jedes Mal gut aus.

 

Die Arbeitsabläufe in den Werften wurden sicherlich automatisiert. Es ist nicht mehr so, wie ich es als Kind erlebte. Da hörte man das dumpfe Klopfen, wenn von Hand die Nieten in das Blech geschlagen wurden. Und wenn ein Schiff die Werft verließ, womöglich ein Neubau, also ein Stapellauf, dann stand ganz Hamburg am Nordufer und schaute dem Spektakel zu. Heute geschieht das etwas versteckter, aber zum Glück kann man die größten Docks noch immer gut von den Landungsbrücken aus beobachten. Wem das nicht nah genug ist, der kann durch den alten Elbtunnel gehen und steht dann auf der Elbinsel Steinwerder, wo auch Blohm + Voss angesiedelt sind. Und last but not least kann man sich eine Hafenrundfahrt gönnen und auf diese Weise ganz bequem bei Kaffee und Kuchen in die Wunderwelt der Werften schaukeln lassen.