Je größer der Keller, desto mehr sammelt sich dort an. Jeder kennt es. Man sortiert ein kleines Möbelstück aus, weil man etwas Schöneres gefunden hat. Anstatt den alten Stuhl, oder was auch immer, zu entsorgen, stellt man ihn erst einmal in den Keller. Man wird ihn nie wieder ans Tageslicht bringen, aber das wünscht man sich nicht einzugestehen. Der Stuhl verbringt vielleicht Jahre dort unten, währenddessen sich alte Bekannte nach und nach zu ihm gesellen. Erst seine Brüder, dann der alte Tisch und schließlich sogar der Teppich. Irgendwann ist der Keller randvoll und dann wird es Zeit für die längst überfällige Entscheidung. Alles muss raus, der ganze Plunder wird jetzt fachmännisch entsorgt. Der Kreis schließt sich. Auf einmal hat man wieder Platz für die nächsten Kandidaten.
Eigentlich möchte ich jetzt zur Elbe überleiten, merke aber, dass mein Vergleich hinkt. Die Elbe hat keinen Keller, nur einen Grund. Der ist zwar auch gut versteckt, bekommt aber trotzdem höchste Aufmerksamkeit von den zuständigen Stellen. Wenn nämlich der Elbgrund ‚vermüllt‘, dann wird es an der Oberfläche gefährlich. Ein Schiff braucht Platz und vor allem genug Wasser unter dem Kiel. Damit das sichergestellt ist, wird die Elbe im Bereich des Fahrwassers konstant vermessen und im Bedarfsfall ausgebaggert.
Die kleinen Hafenbecken, wie der Sandtorhafen, haben grundsätzlich das gleiche Problem. Dort liegen einige Museumsschiffe an einem großen Schwimmponton. Sie werden nicht oft bewegt, dürfen aber den Grund bei Ebbe nicht berühren. Es scheint jetzt eng zu werden, denn seit gestern wird das Hafenbecken für die Bagger vorbereitet. Mit jeder Flut strömt das Wasser in den Sandtorhafen und bringt jedes Mal Sand, kleine Steine und biologisches Material mit. Man nennt das Gemisch Schlick und es setzt sich stetig am Boden ab. Eine Soforthilfe bieten Spezialschiffe an, die den Boden der Elbe planieren können. Sie verteilen die Ablagerungen gleichmäßig. Irgendwann reicht das nicht mehr aus. Dann ziehen sie den Schlick an Stellen, wo der Saugbagger ihn gut aufnehmen kann. Eines der Schiffe mit dem Namen ‚Peter‘ zieht eine große Unterwasser-Harke hinter sich her. Man sieht ihn oft an den Kaimauern entlangfahren, wo sich besonders viel Sediment ansammeln kann, wenn die Mauer quer zum Fluss steht.
Im Sandtorhafen hat man diese Vorarbeiten bereits erledigt. Allerdings reicht es wohl nicht. Jetzt können die schwimmenden Bagger anrücken. Eine technisch nicht ganz einfache Sache, denn der Schwimmponton verdeckt einen großen Teil der Wasserfläche. Es gab nur eine Lösung, nämlich den Ponton zumindest teilweise zu entfernen. Das scheint einfach zu sein, schließlich schwimmt die gesamte Anlage, aber im Detail ist viel zu beachten. Die Anlage besteht aus vielen kleinen Teilen, die erst einmal voneinander getrennt wurden. Das gilt natürlich auch für Leitungen und elektrische Kabel. Dann wurden die Ponton-Segmente vorsichtig an die gegenüberliegende Kaimauer gezogen. Damit dort nichts kaputtgeht, hat man mächtige Fender ausgelegt. Sie halten den Schwimmponton auf sicheren Abstand zur Hafenwand. Taucher kamen zum Einsatz und Schlepper bugsierten im relativ schmalen Hafenbecken. In den nächsten Tagen startet dann das Ausbaggern. Man hat die Nachbarn schon gewarnt, dass es laut werden könnte. Ich vermute auch, dass man viel öfter als üblich die Klappbrücke öffnen wird. Sie überquert die Hafeneinfahrt, gleich neben der Elbphilharmonie. Wenn sie geöffnet ist, steht die Fahrbahn senkrecht in der Luft. Autos und Fußgänger müssen sich gedulden oder einen relativ weiten Umweg in Kauf nehmen. In fünf bis sechs Wochen soll alles fertig sein. Dann kann der Sandtorhafen, der auch als Traditionsschiffhafen bekannt ist, wieder von allen Schiffen genutzt werden. Der Sommer kann kommen und bringt dann hoffentlich auch viele bunte, schwimmende Besucher mit.