Hamburg ist manchmal merkwürdig. Also nicht die Stadt, sondern diejenigen, die ihre Schönheiten und Attraktionen verkünden sollen. Die Leute, die sich um Touristen und Besucher kümmern, konnten mich bisher nicht überzeugen. Liegt es vielleicht daran, dass Hamburg gar nicht so viel zu bieten hat? Mir kommt der Gedanke durchaus in den Sinn. Beispielsweise vor einigen Tagen, als im Hafen an den Landungsbrücken war. Das Wetter war durchwachsen, aber trocken, durchaus für Fotos geeignet. Nur leider konnte ich weit und breit kein Schiff ausmachen. Eine Fähre legte gerade ab und ein zweites Schiff lud Touristen zur Hafenrundfahrt ein. Das war’s dann aber auch schon. Ein großer Dampfer lag im Dock gegenüber, aber der war bedauerlicherweise komplett unter einer dichten Bauplane versteckt. Ich zeigte Geduld, wartete eine halbe Stunde und stellte enttäuscht fest, dass sich nichts am Bild geändert. Schließlich packte ich die Kamera ein und machte mich frühzeitig auf den Heimweg.
Vor ein paar Tagen war ich an der Alster. Diesmal bei strahlendem Sonnenschein und dekorativen Schönwetterwolken. So richtig glücklich wurde ich trotzdem nicht, denn der Weg von der Binnen- zur Außenalster schien schwierig oder gar unmöglich zu sein. Ein queren der befahrenen Lombardsbrücke verbietet sich; Ampeln sind rar gesät. Für Fußgänger bleibt da kein Raum übrig. Deshalb gibt es einen Weg unter der Brücke hindurch, immer am Fluss entlang. Leider hat man dort eine Baustelle eingerichtet und immerhin schon im Vorfeld ein Schild aufgestellt, das darauf hinweist, dass der Weg gesperrt ist. ‚Kein Durchgang möglich‘. Nun gut, nur wo ist dann die Alternative zu finden? Wäre ja sinnvoll, wenn man das den Besuchern auch verraten würde. Ich irrte jedenfalls nicht alleine herum und verzichtete schließlich auf den Abstecher an die Außenalster. Das konnte ich verschmerzen, denn ich kenne sie von früheren Besuchen, aber für die Touristen ist es jammerschade, denn sie versäumen das Sahnestück. Zurück in der Heimat werden sie berichten, dass die Hamburger Alster nicht sonderlich groß ist. Und Segelschiffe hätten sie auch keine gesehen.
Bin ich zu kritisch? Ist es fair, Hamburg mit einer Metropole wie London zu vergleichen? Dort bin ich regelmäßig und deshalb ziehe ich ganz automatisch diesen Vergleich. Und da schneidet Hamburg wirklich schlecht ab. Gleich an der nächsten Ecke fand ich mich in meiner Bewertung bestätigt. Dort stand ich vor der Kunsthalle und wäre gerne hineingegangen. Nur mal kurz einen Blick werfen, vielleicht einen Kaffee dort trinken oder den Shop besuchen. Das geht aber nur mit Ticket im Wert von 14 Euro. In London hat die National Gallery am Trafalgar Square ihre Türen kostenfrei für jeden Besucher geöffnet. Übrigens, ein Haus, das zu den führenden Galerien der Welt gehört. Dort gehe ich regelmäßig für eine Stunde oder noch kürzer hinein, in der Hamburger Kunsthalle muss ich aber irgendwie dem Eintrittspreis gerecht werden und deshalb einen halben Tag einplanen. Der kostenlose Eintritt ist in London der Regelfall. Alle Museen und Ausstellungen können ohne Eintrittsgeld besucht werden. Die Philosophie, die dahintersteht, lautet: Die Kunst gehört allen Menschen und muss deshalb frei zugänglich sein. Finanziert wird das Ganze über das staatliche Lottosystem, könnten wir doch auch machen, oder?
Dann marschiere ich in Richtung Rathausmarkt, weil ich zu U-Bahn will und denke zufälligerweise an das Kaleidoskop, das dort steht. Dummerweise ohne jeden Hinweis und so gut getarnt, dass weder Touristen noch Passanten eine Chance haben es zu finden. Man müsste mal die Mitarbeiter im Rathaus fragen, ob sie je davon gehört haben. Wahrscheinlich nicht.
Nur meine Neugierde hat mich zufälligerweise zu bzw. in das Wunderwerk geführt. Es reicht nämlich nicht davorzustehen, nein, man muss sich direkt darunter stellen und steil nach oben blicken. Das macht kein Mensch, warum sollte man auch? Im Gegenteil, alle weichen dem komischen Ding brav aus. Keiner marschiert einfach unten durch. Beim ersten Mal dachte ich, der merkwürdige braune Kegel wäre der Rest einer Baustelle. Ich hielt ihn für ein Silo, indem Beton oder Sand gelagert wird. Bei Bedarf entnimmt etwas, indem man einen Behälter darunter stellt und die Schütte öffnet. Also bin ich erst einmal stehen geblieben und habe sehr vorsichtig von der Seite versucht hineinzuschauen. Und dann war meine Überraschung groß. Wow! Was ist das denn? Ein himmelblaues Mosaikbild war dort oben zu sehen. Genau das hatte der Künstler wohl auch beabsichtigt. Er wollte den Besuchern eine Freude machen und sie mit dem Blick ins Kaleidoskop überraschen. Also liebes Touristenbüro, hier wäre doch wirklich Handlungsbedarf. Einfach mal eine Informationstafel hinstellen. Der Hinweis in der ‚Kunstwerke App‘ genügt doch nicht. Ich jedenfalls laufe nicht mit gezückten Smartphone durch die Stadt, sondern lieber mit offenen Augen. Ich will nicht nörgeln, aber in London würde zusätzlich auch noch ein gut gekleideter Mensch in Uniform dort stehen und auf Wunsch alle Fragen beantworten. Stets freundlich und stets hilfsbereit. Ein Service, den ich in Hamburg sehr vermisse, nachdem ich ihn in London kennen und schätzen lernte
Hier findet man das Kunstwerk
Das Kaleidoskop findet man am Alten Wall, zwischen dem Rathaus und dem Bucerius Kunst Forum. Das Kunstwerk wurde von Olafur Eliasson gebaut und wurde im Oktober 2020 eingeweiht. Ein schlechter Start, denn wir waren im Lockdown, mitten in der Corona-Pandemie. Er hat dort sogar noch eine zweite Skulptur aufgestellt, die mir bisher entgangen ist. Kein Wunder bei der diskreten Präsentation. Zum Glück sind beide Werke Dauerleihgaben und damit haben wir alle reichlich Zeit und Gelegenheit sie uns einmal anzuschauen. Eigentlich sollten auf dem Alten Wall Bäume gepflanzt werden, um einen neuen Boulevard entstehen zu lassen. Daraus wurde nichts, denn der Investor hatte sich anders entschieden. Nun ja, bei Geschenken verbietet sich die Kritik. Natürlich hat das Kaleidoskop auch einen Namen mitbekommen, der für mich nicht ganz passend ist. Der Künstler nennt sein Werk ‚Gesellschaftsspiegel‘, tatsächlich spiegelt die Optik aber die umstehenden Häuser und den Himmel. Egal, es macht auf jeden Fall Spaß hineinzuschauen.
Nachtrag: Standort
Endlich habe ich daran gedacht einmal nachzusehen, wo das zweite Kaleidoskop installiert wurde. Es ist wirklich schwer zu finden, obwohl beide ziemlich nahe beieinander stehen. Beide sind im ‚Alten Wall‘ zu finden. Eines gleich an der Ecke zum Rathausmarkt und das andere an der Ecke zur Adolphsbrücke. Bei beiden lohnt sich der Blick, die fraktalen Bilder sind unterschiedlich. Einmal glaubt man einen Diamanten zu sehen und einmal eine schwebende Kugel. Ziemlich sensationell und wie schon erwähnt sehr gut versteckt. Mit der Karte finden Sie es sofort: