Das Rathaus (von außen)

Klein, aber oho. Das Hamburger Rathaus beeindruckt mich nicht durch Länge, Breite oder Höhe, sondern durch die vielen fein gearbeiteten Details. Hier hat man sich Mühe gegeben, das sieht man sofort. Unzählige Figuren schmücken die Fassade. Sie stehen in luftiger Höhe, jede einzelne übrigens mit einem Stahlnetz gesichert, denn vor nicht langer Zeit fielen größere Brocken vom Dach herunter. Zum Glück ist niemanden etwas passiert, aber der Schreck war groß. Da geht man am Rathaus vorbei und plötzlich donnert einem ein Koffer großer Kalksandstein vor die Füße. Das geht natürlich gar nicht.

Apropos Sicherheit. Ich bin jedes Mal erstaunt, wie leicht man in das Rathaus kommen kann. Einfach durch den völlig unbewachten Haupteingang gehen und schon ist man in der Diele. Ich weiß nicht, ob es auffällt, wenn man einfach schnurstracks die Treppe zu den Büros und Sitzungssälen hinauf marschiert. Mich hat jedenfalls noch nie jemand nach dem Inhalt meines Rucksacks gefragt und wenn ich im Inneren des Gebäudes Fotos mache, lässt man mich gewähren. Das ist ohne Frage angenehm und eigentlich nett, aber in heutigen Zeiten kaum noch akzeptabel. Immerhin ist eine Polizeiwache gleich im Durchgangsgebäude zur Börse stationiert. 

 

 

Bevor die Führung losgeht, werfe ich noch mal schnell einen Blick in den Innenhof des Rathauses. Ja, das nicht gerade große Haus besteht wohl wenigstens zur Hälfte aus Luft. Wieder wähle ich den Weg durch den Haupteingang, dann quer durch die Diele und hinten wieder raus. Niemand kümmert sich um mich. Meinen Rucksack habe ich auf dem Rücken. Dort drinnen könnte sonst was sein. Der Innenhof wird von einem Brunnen dominiert. Er steht genau in der Mitte und ich habe Glück, denn man hat das Wasser schon am frühen Morgen voll aufgedreht. 

 

 

Der Innenhof ist ein herrlicher Ort, um eine Pause einzulegen. Man kommt von zwei Seiten durch die Tordurchfahrten hinein oder man geht durch das Foyer. Ich brauchte einige Zeit, bis ich den Platz entdeckt hatte.

 

Ich mag diesen Hof. Manchmal sieht man Senatoren von einem Gebäudeflügel zum anderen eilen. Leider tragen sie keine Amtskleidung mehr, es wäre ein hübsches Bild, wenn der Talar hinter ihnen im Wind flattern würde. Heute Morgen sind schon viele Touristen hier. Wir fotografieren um die Wette. Die meisten sind sehr aufmerksam und bleiben wie angenagelt stehen, sobald ich die Kamera vor mein Gesicht hebe. Sie wollen mir nicht durch das Bild laufen, das finde ich wirklich nett. Ich versuche eigentlich immer niemanden direkt anzuvisieren. Keiner will von einem Fotografen ‚benutzt‘ werden. Die Kamera ist genauso übergriffig wie ein Anfassen oder Ansprechen. Andererseits sind es die Menschen, die die Bilder erst lebendig machen. Ich habe noch nie Ärger bekommen, aber oftmals nette Gesten erlebt, wenn ich vor der Aufnahme versuche mit den Leuten Kontakt aufzunehmen. Da reicht ein Augenzwinkern aus.

Schmunzeln muss ich auch, als ich mir eine Figur näher ansehe, die mittig über einem Fenster im Innenhof montiert ist. Ist das ein Küchenjunge? Ich denke doch, auf jeden Fall leckt hier jemand mit viel Freude einen Löffel ab. In der anderen Hand hält der Junge übrigens eine Gabel. Das passt gut, denn gleich daneben ist ein Restaurant mit einem gewagten Namen: ‚Der Pfeffersack‘. Gewagt deshalb, weil damit der Kaufmann gemeint ist, der allzu sehr an seinem Profit interessiert ist. Also ein geldgieriger, rücksichtsloser, machthaberische Mensch der Hamburger Oberklasse.

 

 

 

Es gibt so viel Interessantes alleine hier im Innenhof und der jederzeit zugänglichen Diele zu entdecken, dass ich jetzt natürlich prompt den Beginn der nächsten Führung verpasst habe. Macht aber nix, denn ich sehe die Menschenmenge gerade noch die Treppe hinauf walzen und weiß sofort, dass mir das nicht gefallen hätte. Ich kann es nicht ändern, aber ich mag es lieber etwas exklusiver, dann darf es auch teurer sein. Aber sobald die Ferien enden, wird es hier auch wieder ruhiger. Und natürlich kann man auch im Januar eine Führung buchen und dann ist die Chance ziemlich groß, dass man im kleinen Kreis die oberen Geschosse des Rathauses besuchen kann. Wenn man Glück hat, kommt einem der Bürgermeister entgegen. Da ist man in Hamburg ganz familiär. – Ich verlasse das einladende Rathaus wieder durch die schweren Eingangstüren, man muss sich ordentlich gegen die massiven Eichenflügel stemmen, sonst bewegt sich da gar nichts, und dann stehe ich wieder auf dem Rathausmarkt. Schnell noch einmal zurücksehen und ein letztes Foto vom Rathausmarkt machen.