Deichstraße

Die Deichstraße im Herzen der Altstadt ist heute ein beliebtes Touristenziel. Nur dort kann man noch eine letzte Häuserzeile aus Hamburgs Vergangenheit sehen. Sie steht zwischen der Deichstraße und dem angrenzenden Nikolaifleet. Das ist der alte Alsterlauf, unmittelbar vor der Mündung in die Elbe. Und wie so oft in Mündungsgebieten, war auch hier die Landschaft mit etlichen kleinen Wasserläufen durchzogen, sodass sich überall Inseln gebildet hatten. Eine der großen war der Grasbrook, auf dem heute die HafenCity steht. Zwei kleinere werden auch oft genannt, nämlich der Cremon und der Grimm. Sie wurden durch das schmale Steckelhörnfleet voneinander getrennt, aber heute ist der Kanal längst zugeschüttet. Nur der Straße ist der Name geblieben. Die Fläche der beiden Elbinseln, oder soll man lieber Alstermündung-Inseln sagen, ist nicht groß. Man benötigt keine 15 Minuten, um sie komplett zu Fuß zu umrunden. 

 

Links der Cremon und rechts die Insel Grimm. Früher getrennt durch das Steckelhörnfleet. Das Nikolaifleet war früher der Alsterlauf, mit Mündung in die Elbe. Der Zollkanal war ein Nebenarm der Bille. Und die Deichstraße habe ich grün markiert.

Karte von © mapz.com – Map Data: OpenStreetMap ODbL – Grafik: bluepeter.de

 

Heute würde man von einem ‚Hub‘ sprechen, denn hier war tatsächlich ein Drehkreuz für den Warentransport. Am Nikolaifleet musste man sich entscheiden, ob man in die Stadt wollte (Alster), in die Vierlande (Bille) oder in die Elbe. Genau an dem Wasserknotenpunkt begann die Deichstraße und führte im sanften Bogen am Nikolaifleet entlang. Auf dem Deich, zwischen Fleet und Straße, zog sich die Häuserzeile entlang. Vorn, zur Straße hin, wohnte man und hinten, wasserseitig, waren die Speicher zu finden. So konnte man die Ware direkt in die Schuten verladen. Gegenüber auf dem Cremon standen weitere Speicherhäuser, Seite an Seite.

 

So sah der Nikolaifleet um 1900 aus. Der Fotograf stand auf der Hohen Brücke und schaute in Richtung St. Nikolai Kirche. Links die Rückseite der Häuser an der Deichstraße und rechts der Cremon.

Bildquelle: Staatsarchiv Hamburg, Lizenz: CC0, bearbeitet von bluepeter.de

 

Wenige Häuser in der Deichstraße haben sogar den ‚Großen Brand‘ überstanden. Zahlreiche Gaststätten, Restaurants und Kneipen laden zum Verweilen ein. Hinten, an der Wasserseite, haben sie sich einen Ponton gebaut, auf dem noch mehr Tische und Stühle stehen. Man kommt durch enge Gänge von der Vorderfront zur Wasserseite. Mich erinnert das ein wenig an London, denn dort sind noch etliche dieser extrem schmalen Hausdurchgänge vorhanden. Man kann sie schnell übersehen, also lieber einmal stehen bleiben und die Lage auskundschaften.

 

Ich stand auf der Holzbrücke und schaute in Richtung der Elbe. Deshalb sind auf meinem Foto die Häuser der Deichstraße auf der rechten Seite zu sehen.

 

Queren kann man das Nikolaifleet entweder über die Holzbrücke oder über die Hohe Brücke. Von dort hat man den besten Blick auf die Fassade der alten Speicher. Selten steht man dort alleine, aber am frühen Morgen kann es passieren, dass noch kein Mensch unterwegs ist. Dann liegt manchmal noch ein wenig Nebel auf dem Wasser und alles wirkt friedlich und ein wenig surreal. Und dann fällt einem vielleicht ein, dass hier im Jahr 1188 die ersten Schiffe vor Anker gingen. Sie fanden den Platz sehr brauchbar und fingen an, einen Hafen zu bauen. Das war der Beginn des Hamburger Hafens. Wir müssen uns dann nur noch umdrehen, um zu sehen, was daraus geworden ist. Eine Erfolgsgeschichte, die noch lange nicht zu Ende geschrieben ist. Eines der letzten Kapitel hat die Elbphilharmonie hinzugefügt und wenn wir ganz weit in Richtung Osten blicken, dann werden wir dort bald den Elbtower in die Höhe wachsen sehen. Prima Sache, nach jahrzehntelangem Stillstand hat der Hafen seine zweite Luft bekommen und ist auf einmal wieder höchst lebendig.