Der Stintfang

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mit Namen
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Man muss schon zweimal hinsehen, um den Weinberg zu finden. Er ist 26 Meter hoch und hat beste Südlage. Seit 1995 wachsen hier Weinreben, ein Geschenk aus Stuttgart, und nach einigen Jahren waren es rund 75 Rebstöcke. Im Herbst wurden die Trauben gepflückt, entsaftete und zu Weißwein veredelt. Das Resultat waren 40 bis 50 Flaschen „Hamburger Stintfang Cuvée“, was sich irgendwie sauer anhört, und ausschließlich den Ehrengästen der Stadt serviert wurde. Ob die sich gefreut haben? Dann kamen eines Nachts die Diebe und stahlen fast die ganze Ernte. Vielleicht war es auch einer der Gäste, der nicht noch einmal mit dem Stintfang Tropfen konfrontiert werden wollte? Auf jeden Fall schien die Hamburger Weinlese ihr Ende gefunden zu haben, aber inzwischen wächst eine neue Trauben-Generation heran. Noch sind es zarte, dünne Pflanzen, aber wer weiß. Auch in Hamburg werden die Sommer wärmer und bieten viele Sonnenstunden. Ich drücke die Daumen, dass es eine gute Ernte wird.

Ursprünglich war hier am Nordufer der Elbe eher flaches Land. Dann bauten die Hamburger ihre Häuser rund um den Dom und schließlich wollten sie eine Stadtmauer haben, die gegen mögliche Eindringlinge schützt. Man errichtete die Wallanlagen, die die Altstadt beidseitig umarmten. Im Süden bot die Elbe Schutz und im Norden die gestaute Alster. In regelmäßigen Abständen errichtete man Türme, die im Fall des Falles von Bogenschützen besetzt werden konnten. Einer dieser Bastionen lag direkt am Elbufer und trug den Namen ‚Albertus‘. Die Stadtmauer und die Festungstürme wurden nach der französischen Besatzungszeit geschleift, aber der Erdhügel ist geblieben. Es ist der heutige Stintfang, mit der gleichnamigen Jugendherberge. Eine bessere Lage kann kaum ein anderes Hamburger Hotel bieten, allerdings sind die Betten und Räume eher rustikal. Trotzdem kann jeder dort sehr preisgünstig übernachten, man muss sich nur rechtzeitig anmelden.

 

 

Auf der alten Karte ist die Stadtmauer zu sehen. Den Stintfang habe ich gelb koloriert. Blau ist der Wassergraben, der direkt vor der Mauer entlang floss. Er war ein zusätzlicher Schutz gegen Überfälle. Genau am Stintfang, bzw. der damaligen Bastion ‚Albertus‘, floss der Wallgraben in die Elbe. Mit ihm zogen etliche kleine Fische von der Alster in die Elbe. Darunter unzählige Stinte. Sie waren so zahlreich, dass man zum Fangen keine Netze brauchte, sondern einfach einen Korb in das fließende Gewässer tauchte. Eine schnelle und günstige Möglichkeit, etwas Essbares (und Schmackhaftes) auf den Tisch zu bringen. Die Stinte gibt es nicht mehr, denn sie benötigen glasklares Wasser, aber der Name ist geblieben. 

Wer einen guten Platz sucht, um Fotos vom Hafen zu machen, sollte die Terrasse der Jugendherberge besuchen. Man kommt von allen Seiten auf den Berg, ich nutzte aber meistens die Treppe, die ziemlich versteckt gleich neben der Eingangshalle des Bahnhofs Landungsbrücken beginnt. Einfach hineingehen und den richtigen Ausgang suchen. Wenn man auf der Terrasse steht, kann man sie auch über kleine Wege verlassen, die stadteinwärts führen (in Richtung Venusberg). Ich war das erste Mal sehr überrascht, wie hügelig das Gelände dort ist. Steile Anstiege und lange Treppenfluchten führen einen über die alten Wälle hinweg, bis man schließlich zur Michel-Wiese gelangt. Sein Turm ist mir dabei stets die Orientierungsmarke, damit ich mich nicht verlaufe. 

Alternativ bietet sich die Terrasse vor dem Hotel Hamburg an oder natürlich die Plaza der Elbphilharmonie. Auch an normalen Tagen ist dort stets viel los, aber auf dem Stintfang war ich abends oftmals ganz alleine. Und weil die U-Bahn direkt vor einem in den Berg hineinfährt, kann man auch noch ein paar interessante Bilder von den Zügen machen.

 

 

Das Beitragsbild auf der Startseite zeigt den Stintfang zur Franzosenzeit. Damals war er mit Palisaden gesichert, was die Franzosen aber nicht beeindruckte. Sie nahmen die Stadt ein und blieben einige Jahre als Besatzer in Hamburg. Danach folgten die Russen. (Das Bild wurde von Peter Suhr gemalt und ist inzwischen als gemeinfrei gekennzeichnet).