Bevor wir ins Thema eintauchen, müssen zwei Dinge geklärt werden: 1. Wie sehen eigentlich die Straßenlaternen in der HafenCity aus? und 2. Um welche Wohnung geht es denn? Beides zeige ich am besten mit einem Foto.
Die Stangen im rechten Bild sind ein Teil der Straßenlaterne, die man im linken Bild in voller Größe sieht. Der Spatz sitzt auf dem Endstück des senkrechten Rohres, weit oben, gleich unter der Lampe. Das ungewohnte Lampen-Design soll an die Hafenkräne erinnern, deren Ausleger in einem ähnlichen Winkel montiert sind. Zunächst hatte ich es nicht verstanden, inzwischen weiß ich, was gemeint ist und es ist gut gelungen. Ich finde es gar nicht mehr fremd, denn diese Formen sieht man tatsächlich an allen Kaianlagen im Hafen und auch auf den Frachtern mit eigenem Ladegeschirr.
Nun zur Familie Sperling. Ihre Artgenossen fühlen sich in der HafenCity wohl, denn überall sitzen Menschen, die irgendetwas essen. Da bleiben reichlich Krümel übrig und viele Spatzen sind handzahm geworden und lassen sich gerne aus der Hand füttern. Kein Wunder, dass man die Vögel in den Randbezirken kaum noch sieht. Dort ist ihre Nahrungssuche deutlich mühsamer, aber vermutlich auch gesünder.
Wie so oft half mir der Zufall. Eigentlich wollte ich Schiffe fotografieren und achtete zunächst gar nicht auf die flinken Spatzen. Sie flogen immer wieder den Mast der Laterne an, hielten sich kopfüber daran fest und schienen die anstrengende Akrobatik zu genießen. Jedenfalls wiederholte es sich so oft, dass ich aufmerksam wurde. Was um alles in der Welt lockte sie an? Der kalte Metallmantel konnte es doch wohl nicht sein. Klebte dort etwas Leckeres an der Außenseite? Oder waren sie einfach etwas übermütig beim Spielen?
Zum Glück hatte ich ein Telezoom an der Kamera, sodass ich Bilder mit starker Vergrößerung machen konnte. Und dann erkannte ich so langsam, was dort tatsächlich passierte. Aber schauen Sie doch selbst, es wird Ihnen bestimmt genauso gut gefallen wie mir.
In der Nahaufnahme kann man Löcher im Gestänge der Lampe sehen. Sie sind jeweils an der Unterseite der Rohre zu erkennen und dienen sicherlich der Entwässerung. Sollte irgendwo Regenwasser eindringen, dann kann es dort wieder ablaufen. Die Rohre selbst sind hohl und genau das gefiel diesem Spatzenpaar. Sie haben sich kurzerhand in einer dieser Öffnungen einquartiert. Einen besseren Schutz für den Nachwuchs konnten sie kaum finden. Katzen, Füchse und andere Nesträuber sind chancenlos. Es sein denn, ihr Hunger ist riesig, aber dann wird ihnen die Kraft fehlen, um sich am Laternenmast hinaufzuschieben.
Zwei kleine Schnäbel konnte ich erkennen, vielleicht sitzen noch weitere Geschwister in dem ungewöhnlichen Nest. Die Eltern sind im Stress, denn die Kleinen fordern energisch ihre Futterration ein. Anfangs haben sie zwischen den Mahlzeiten ein Nickerchen gemacht, jetzt aber sind sie schon etwas gewachsen und schreien ohne Pause den ganzen langen Tag hindurch. Bald werden sie vermutlich ihre ersten Flugversuche machen. Hoffen wir, dass alles klappt. Vermutlich müssen sie die Technik nicht lernen, sondern nur Erfahrung sammeln, um eines Tages so komplizierte Manöver wie die Eltern fliegen zu können. In den nächsten Tagen werde ich sie noch einmal besuchen.