Im ehemaligen Sandtorhafen haben Traditionsschiffe einen neuen, dauerhaften Liegeplatz gefunden. Im Unterschied zu Museumsschiffen, sind sie noch fahrtüchtig und freuen sich über Kundschaft, die eine ganz individuelle Tour buchen wollen. Vielleicht für den runden Geburtstag, ein Jubiläum oder einfach weil sich die ganze Familie gerade mal wieder in Hamburg treffen will. Auf die Einnahmen ist man angewiesen, denn die Spenden alleine reichen nicht. Außerdem müssen Schiffe bewegt werden. Wer rastet, der rostet. Für ein Schiff wohl noch dramatischer als für mich selbst.
Das Feuerlöschboot Repsold liegt gleich am Anfang des Pontons, jedenfalls wenn man ihn von den Magellan-Terrassen aus betritt. Sie liegt im ‚Dreier-Pack‘ hinter dem Feuerwehrboot und der Hafenbarkasse Flottbek. Schon die leuchtend rote Farbe rückt sie in die Aufmerksamkeit jeden Besuchers.
Wer in der HafenCity wohnt oder arbeitet, wird fast täglich hier vorbeikommen, alle anderen können per Webcam einen Blick auf das Schiff und das ganze Hafenbecken werfen. Die Bilder werden minütlich aktualisiert, sind gestochen scharf und werden von einer kleinen Kamera erfasst, die an einem der oberen Balkons der Harbour-Hall befestigt ist, das Haus gleich hinter der Repsold. (Link zur Kamera: WebCam Harbour-Hall).
Der Ponton liegt tief, denn die Ebbe hat das Wasser aus dem Hafenbecken gezogen. Die Brücke, die mich hinunterführt, liegt entsprechend steil an. Die alten Eichenpfähle an der Kaimauer sind sichtbar, was ihnen auf Dauer nicht guttut. Ihre Festigkeit bleibt länger erhalten, wenn sie stets im Wasser stehen. Den Schiffen ist es egal, sie schwimmen stets auf gleicher Höhe, egal ob viel oder wenig Wasser unter dem Kiel ist. Und vor allem sind sie immer im Einklang mit dem Ponton, denn auch der schwimmt im Rhythmus der Gezeiten.
Die Repsold ist ein Kriegskind. Sie lief 1941 in Finkenwerder vom Stapel der Schiffswerft August Pahl. Sie sollte als Löschboot der Hamburger Feuerwehr dienen und hatte sich eine schlechte Zeit ausgesucht. Zu Löschen gab es in den ersten Jahren genug, ganz besonders im Hafengebiet. Wie alle Dienstboote der Feuerwehr wurde sie auf den Namen eines verdienstvollen Mannes getauft. In ihrem Fall handelte es sich um Johann Georg Repsold, dem Gründer der Hamburger Berufsfeuerwehr. J.G. Repsold war der Sohn eines Landpfarrers und wuchs in einer kleinen Ortschaft, nahe Bremerhaven auf. Er erhielt vermutlich vom Vater eine gründliche Schulbildung, der sein Interesse für Mathematik, Physik und Astronomie förderte. Mit 19 Jahren kam Repsold nach Hamburg und erhielt schon bald eine Anstellung bei der Stadt. Zunächst als Landvermesser, was er gut machte und dann auch bald die Verantwortung für die korrekte Befeuerung der Elbe erhielt. Repsold verfügte sowohl über die nötige Theorie der Erdvermessung als auch über ein enormes praktisches Geschick. Er war ein begabter Feinmechaniker und Erfinder zahlreicher astronomischer Instrumente, wie auch von Ferngläsern. Es dauerte nicht lange und Repsold hatte sein eigenes Unternehmen gegründet, dass erfolgreich von den Söhnen und Enkeln übernommen wurde. Trotzdem blieb er im Dienst der Stadt und aktive als Feuerwehrmann tätig. Bei einem Brandeinsatz wurde er von einer Mauer erschlagen, die über ihm zusammenstürzte.
Dass sein Name am Bug des Traditionsschiffes Repsold noch heute im Hafen zu finden ist, ist eine gute Wahl. Ein anderer Ort erinnert mich auch stets an den verdienstvollen Mann, nämlich der Hügel vor den Landungsbrücken, auf dem die Jugendherberge Stintfang steht. Schon damals gab es diese Anhöhe und man nutzte sie für die Verteidigungsbastion Albertus. Repsold hatte eine andere Idee. Er holte sich bei der Stadt die Erlaubnis, hier sein erstes privates Observatorium zu eröffnen. Natürlich mit den selbst hergestellten optischen Instrumenten. Wenn ich dort abends entlang komme, besonders im Winter, wenn es dunkel und der Hafen mit seinen Lichtern besonders attraktiv aussieht, dann denke ich an ihn und stelle mir vor, wie er dort oben genau wie ich durch sein Objektiv schaut.
Die meisten Leser werden eine ganz andere Person mit der kleinen Repsold verbinden. Nämlich den überaus beliebten Schauspieler Jan Fedder. In seiner Rolle, als Dierk Matthies im Großstadtrevier, nutze er das Boot als Wohnhaus. Die Aufnahmen wurden hier im Sandtorhafen gedreht, aber damals war das alles noch Großbaustelle und noch nicht so besucht wie heute. Trotzdem gehört die Repsold damit zu den vielen Drehorten, die der Hafen zu bieten hat. Selbst die Wallace Filme, mit direktem Bezug zur Themse, zeigten stets die Ufer der Elbe. Aber das ist ein anderes Thema und ein anderer Drehort, den ich vielleicht auch einmal besuchen sollte.

















