Hamburgs ‚Big Five‘

Fünf Hauptkirchen – die Wahrzeichen der Stadt

Jede hat ihren eigenen Charakter und gesellschaftliche Stellung. Jedenfalls im alten Hamburg. Damals hieß es: „St. Petri de Rieken, Nikolas desglieken, Katharinen de Finen, Jacobi de Buren, Michel de Armen, de möt God sich erbarmen.“ Damals engte die Stadtmauer die Fläche ein.  Arme und reiche Menschen lebten in unmittelbarer Nachbarschaft, heute geht man auf Blickdistanz.

Alle Kirchenhäuser haben gelitten. Unter Bränden und Kriegen. Manche mehrfach. Sie wurden oftmals wieder aufgebaut, aber gerne mit neuen architektonischen Ideen. Eine hat man als Ruine stehengelassen. Sie erinnert an die tödlichen Bombenangriffe während des Zweiten Weltkrieges.

In Hamburg sind die Kirchtürme noch immer optische Orientierungspunkte. In anderen Städten sind längst Häuser entstanden, mit 300 Meter Höhe und mehr (u.a. London). Die Hamburger haben sich bisher zurückgehalten und deshalb kann man die fünf markanten Kirchtürme leicht ausmachen. Egal von wo man auf die Stadt schaut. Übrigens haben alle Aussichtsplattformen mit sensationellem Blick auf die Stadt. Achtung, nicht immer gibt es einen Fahrstuhl.

Die Kirchen stehen alle im alten Ur-Hamburg, das aus Altstadt am Hafen und Neustadt an der Alster bestand. Seit dem frühen 16. Jahrhundert gehören sie der evangelisch-lutherischen Kirche an und waren damals gleichzeitig Verwaltungsbezirke (Kirchspiele). Sie kümmerten sich nicht nur um das seelische Wohlbefinden, sondern auch um öffentliche Aufgaben wie das Schulwesen oder die Organisation einer Feuerwehr. Jede Gemeinde wählte ihre Vertreter, die sogenannten Oberalten, die bis ins 19. Jahrhundert eine wichtige politische Rolle gegenüber dem Senat einnahmen.

 

Ich habe die Kirchtürme in die Karte eingefügt. Die Grenze zwischen Alt- und Neustadt ist noch heute leicht zu erkennen. Es ist nämlich der Alsterfleet, der die Binnenalster mit dem Binnenhafen verbindet. Auf der Briefmarke sehen wir mehr Türme. Der Zeichner schaute von den Landungsbrücken in Richtung Nordosten. Neben den Kirchtürmen hat er ein paar profane Bauten eingefügt. Schaut man genau hin, wird man sie leicht identifizieren und doch bleiben irgendwie immer sechs Kirchtürme übrig. Wie kann das sein? Auch auf meinen Fotos ist es nicht anders. Ich brauchte einige Zeit, um es zu verstehen. Ein Neubau konnte es nicht sein, das war mir klar. Aber die Lösung des Rätsels liegt in dieser Richtung. Es ist zwar keine Kirche, sondern der Turm des Rathauses, der aber aus der Ferne ähnlich aussieht. Und das schöne Gebäude ist viel jünger, als man vermuten würde. Es wurde nämlich erst 1897 fertiggestellt. Da haben die Kirchen deutlich mehr Jahre auf dem Buckel. Allerdings gab es auch schon in früheren Zeiten ein Hamburger Rathaus, es stand nur an anderer Stelle. Gar nicht weit entfernt in der Altstadt.

 

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Der Michel

Er hat den bekanntesten Turm und ist der Erste, der von einlaufenden Schiffen aus gesichtet wurde. "Willkommen in Hamburg!", rief er den Matrosen zu. Die Turmuhr hat das größte Ziffernblatt von allen. Da kann noch nicht einmal Big Ben mithalten. Dafür bimmelt der markanter. Ich übernachte manchmal gleich neben dem Michel und hatte anfangs mit Staunen der Stundenglocke gelauscht. Sie schlägt die ganze Nacht. Hat man Mitternacht überstanden sind es glückerlicherweise stündlich (+ halbe Stunde!) nur noch wenige Schläge. Nach drei Nächten hatte ich mich auch daran gewöhnt und schlummerte friedlich bis zum frühen Morgen durch.

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Die Jakobi-Kirche

Sie liegt ein wenig versteckt hinter dem großen Bruder Petrus. Man sollte den kleinen Umweg machen, denn sie strahlt eine besondere Ruhe in der Hektik der City aus. Dort findet man im Sommer immer einen Platz auf einer Bank, selbst um die Mittagszeit, und dann ist man fast ganz alleine. Mit sich und mit dem lieben Gott.

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St. Petri

Die Kirche steht in der ersten Reihe. Direkt an der Mönckebergstrasse, mit Blick auf das Rathaus. Beides ist noch gar nicht so alt, jedenfalls lange nicht so alt wie die Kirche. Steht man auf der Aussichtsplattform hoch oben im Turm, dann liegt einem die ganze Stadt zu Füßen. Dann erkennt man Alt- und Neustadt, die noch heute von Alsterfleet getrennt werden und wie eng alles beieinander liegt. Vorn die Alster und gleich dahinter der Hafen. Das sieht von unter irgendwie alles viel weiter aus. Der gigantische Panoramablick hat seinen Preis. Vorher muss man 544 Treppenstufen erklimmen. Pfffffffffffhhhhh.

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St. Katharinen

Ich habe sie erst spät entdeckt, aber dann war es Zuneigung auf den ersten Blick. Ich mag die Kirche, ihre Lage vis-à-vis der Speicherstadt und den netten Wochenmarkt vor der Tür. Der Turm hat eine goldene Krone, die im Sonnenlicht besonders hell blitzt. Angeblich wurde sie aus dem Goldschatz von Klaus Störtebeker gegossen. Wenn es stimmt, erklärt es seinen grimmigen Blick. Er steht nämlich in Sichtweite in der HafenCity und scheint zu grollen.

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St. Nikolai

Die St. Nikolai-Kirche wurde mehrfach zerstört. Immer wieder brach Feuer aus und als dann die Fliegerbomben einschlugen und alles in Schutt und Asche legten, ließ man sie als Mahnmal stehen. Ironischerweise war ihr Architekt ein Engländer, eine Gedenktafel erinnert an ihn, wenn auch etwas versteckt gelegen. Bei der Einweihung hatte sie den höchsten Turm weltweit. Eine bauliche Sensation und noch heute hat sie den fünfthöchsten Kirchturm der Welt. Nicht nur deshalb ist die Ruine so eindringlich in ihrer Wirkung. Man sollte unbedingt einmal hingehen, und zwar wirklich hinein und nicht nur den Anblick aus der Ferne betrachten. Es war kein Zufall, dass König Charles III. zusammen mit seiner Frau diesen Ort wählte, als beide kurz vor ihrer Krönung Hamburg besuchten.