Wer eine Führung im Rathaus mitgemacht hat, und die ist wirklich empfehlenswert, weiß vermutlich, dass das Haus mehr Räume als der Buckingham Palace in London hat. Ich kann das kaum glauben, denn der königliche Palast scheint mir größer zu sein. Aber es geht ja um die Anzahl der Zimmer und die sind im Hamburger Rathaus oftmals überraschend klein. Dann geht die Rechnung auf. Der Bau, auf den die Hamburger lange warten mussten, ist auf jeden Fall ein Schmuckstück. Das alte Rathaus wurde Opfer des Großen Brandes im Jahr 1842. Es stand an der Trostbrücke und man entschied sich schweren Herzens, es zu sprengen. Man hoffte das Feuer dadurch aufhalten zu können, aber die Flammen konnten die entstandene Baulücke überspringen. Der Neubau ließ auf sich warten, wie es in Hamburg so Tradition ist. Man sichtete die Entwürfe der Architekten, rechnete die Kosten durch, wägte ab und vertagte die Entscheidung. Es dauerte 55 lange Jahre, bis das neue Haus fertiggestellt wurde. Die Geduld hat sich gelohnt. Das neue, heutige Rathaus ist ein wahrer Prachtbau mit einem Turm von 112 Metern Höhe. Man wählte einen historischen Stil (Neorenaissance) für die Fassade und hielt sich streng an die Symmetrie.
Einen besonderen Service bietet das Standesamt Hamburg-Mitte an. Einmal im Monat werden die Trauungen im Rathaus vollzogen. Die Termine sind heiß begehrt und lange im Voraus ausgebucht. Das Ja-Wort gibt man sich im Phoenix-Saal, den nur ein Raum von den Bürgermeisteramtszimmern trennt. Gut möglich, dass Ihnen Dr. Peter Tschentscher zufällig begegnet. Ich denke, er wird gratulieren. Viel Zeit bleibt dem Brautpaar und seinen Gästen allerdings nicht. In der Regel finden die Trauungen an einem Freitagvormittag statt und man nimmt sich nur 3 Stunden Zeit, um 4 Eheschließungen zu besiegeln. Nichts für Leute, die noch mal Vor- und Nachteile abwägen wollen, bevor sie ‚ja‘ sagen. Der Ort ist natürlich herausragend, hat aber auch Nachteile. Man hat sicherlich Parkplatzprobleme und selbst die Braut kann nicht bis zum Eingang vorgefahren werden. Man muss wenigstens den Rathausmarkt zu Fuß queren oder man wählt den Hintereingang über den Innenhof.
Eheschließungen finden im Phoenix-Saal statt. Er ist auch nicht besonders groß, dient aber auch für kleinere Besprechungen. Als ich an einer Führung teilnahm, waren dort die Tische eingedeckt. Ich war nicht die Einzige, die für einen Augenblick dachte, dass man das für uns getan hätte. Eine Tasse Kaffee wäre uns gerade recht gekommen, aber wir wurden enttäuscht. Lautes ‚ach‘ und ‚oh‘ war zu hören. Nun gut, für fünf Euro Eintritt kann man nicht auch noch Kaffee und Kuchen erwarten.
Beim Phoenix-Saal dreht sich alles um den Großen Brand. Der Name erinnert an den legendären Vogel, der aus der Asche aufstieg, also wiedergeboren wurde. An Wand, über dem Kamin, hängt ein Gemälde, das die Stadtgöttin Hammonia darstellt. Auch sie schreitet triumphal über die Trümmer nach der Katastrophe. Ein Sinnbild für den Wiederaufbau. Genau vor dem Kamin, also unter der Hammonia, wird der Schreibtisch für den Standesbeamten aufgebaut. Wer vielleicht schon zum zweiten oder gar dritten Mal dort steht, hat möglicherweise die Ruhe, um den Blick schweifen zu lassen. Dann fällt ihm/ihr links ein merkwürdiger Klumpen auf, der dekorativ auf einen Sockel gesellt wurde. Moderne Kunst? Nein, ganz konkreter Brandmüll, nämlich die kümmerlichen Reste des Tafelsilbers. Damals hatte man vor der Sprengung vergessen, die kostbaren Sachen aus dem Keller zu holen. Als alles in Luft flog und dann auch noch die Feuerwalze ihr Werk tat, war es um das Silber geschehen. Alles schmolz dahin und ein hässlicher schwarzer Klumpen blieb übrig. Den kann man im Phoenix-Saal bestaunen. Das geht aber auch ohne Eheschließung, denn wenn der Raum frei ist, wird er im Rahmen einer Führung aufgesucht.