Mein Plan war gut und ging doch nicht auf. Trotzdem werde ich auch künftig meine Fototouren so gut wie möglich vorbereiten. Das ist nicht schwierig: Erst suche ich mir ein paar interessante Ziele, die trage ich in meine Karte ein, überlege mir einen sinnvollen Weg und halte im Internet schon mal Ausschau auf brauchbare Tipps und Informationen. Ein ganz hervorragender Anbieter ist der Hamburger Verkehrsverbund (HVV). Deren Webseite ist wirklich hilfreich. Und das gilt auch für ihre Smartphone-App, die gleichzeitig als elektronisches Ticket dient. Geplant hatte ich einen Ausflug an die Alster und der sollte mit einer U-Bahn Fahrt beginnen. Ich wollte bis zum Jungfernstieg fahren und dann in einen Alsterdampfer umsteigen. Der würde mich in einer knappen Stunde bis zum Winterhuder Fährhaus schippern, dort kann ich dann erneut in die U-Bahn wechseln und bis zum Stephansplatz zurückfahren. Dann noch einmal um die Binnenalster schlendern und dann wäre die Tour beendet. Prima Planung, gutes Wetter, alles bestens.
Und wo lag das Problem? Das kann ich Ihnen verraten. Es dümpelte am Anleger Jungfernstieg. Der Dampfer für die ‚Alsterkreuzfahrt‘ wartete schon auf erste Gäste. Die Fahrt sollte über Binnen- und Außenalster gehen, mit einem Abstecher zum Mühlenkamp und dann unter der Krugkoppelbrücke hindurch bis nach Winterhude. Eine schöne Route, die ich noch aus meiner Kindheit kenne, denn damals konnte man mit der U-Bahnkarte einfach ins Boot umsteigen. Heute betreibt die Alstertouristik das Geschäft und verlangt für die 50-minütige Tour stolze 11 Euro. Aber das war es mir wert, denn ich versprach mir viele spannende Fotos aus einer nicht alltäglichen Perspektive. Soweit die Theorie, die Praxis sah ganz anders aus. Das Schiff war ein klassischer Alsterdampfer: 25 m lang, 5 m breit, max. 80 Passagiere. Fest geschlossenes Dach, seitliche Fenster, am Heck eine kleine offene Plattform mit Platz für ca. 12 Personen. Mit anderen Worten, denkbar ungeeignet um Fotos zu machen. Durch die Fenster ist es kaum möglich den Fokus richtig zu setzen und während der Fahrt wird unweigerlich immer wieder Wasser dagegen spritzen, dass hässliche Flecken auf den Fotos verursacht. Und auf der kleinen offenen Plattform drängen sich Familie mit Kindern, die natürlich gerne im Freien sitzen möchten. Da werde ich keinen Platz finden, an dem ich meine Fotos machen kann. Ich war enttäuscht, zog aber trotzdem die Notbremse und änderte meinen Plan. Statt Alsterrundfahrt machte ich einen Spaziergang rund um die Binnenalster.
Das Wetter war sommerlich warm, viel Sonne, sehr angenehm. Erste Gäste tranken ihren Morgenkaffee im Alsterpavillon. Die anderen Restaurants waren noch am Aufbauen. Der Ansturm beginnt bei ihnen erst mittags. Vor dem Hotel ‚Vierjahreszeiten‘ stand der ‚Dorman‘ in Uniform. Die Hose scharf gebügelt und der leuchtend rote Mantel mit goldenen Verzierungen geschmückt. Ich mag das gerne sehen, freue mich immer in London, wo fast jedes Hotel einen ‚bouncer‘ beschäftigt. Der Mann an der Tür begrüßt freundlich die Gäste, hilft beim Koffertragen und ist der erste Mitarbeiter, den man dort trifft. Deshalb ist er wichtig, denn er lässt uns blitzschnell entscheiden, ob wir uns in dem Haus wohlfühlen werden oder lieber noch ein Stück weitergehen.
Ich gehe den ‚Neuen Jungfernstieg‘ bis zur ‚Lombardsbrücke‘ entlang. Eigentlich hat sich hier in den letzten sechzig Jahren nichts geändert. Es ist hübsch, nett, teuer und etwas langweilig. Ein guter Platz, um ein paar Panoramabilder vom Jungfernstieg zu machen. Der Anleger mit den Schiffen, der Pavillon und dahinter das Alsterhaus. Auch gegenüber bietet sich die Bebauung am Ballindamm an, dazu gibt es die Alsterfontäne gratis, die das Wasser erstaunlich hoch in die Luft bläst. Abends bei bunter Beleuchtung bestimmt ein schönes Bild. Tagsüber leider nur ganz nett.
Der Weg über die Brücke bis zum Ballindamm ist wenig angenehm. Gleich auf fünf Spuren fahren Busse, Autos und Lkws vorbei und gleich daneben rauscht der Intercity entlang, auf seinem Weg zum Hauptbahnhof. Der Blick zur Binnenalster ist verstellt, denn man hat vorsorglich auf ganzer Länge einen Zaun errichtet. Hier wird gebaut oder soll gebaut werden, denn noch tut sich dort wenig. Deshalb bin ich froh als ich endlich den Ballindamm erreiche. Und da werde ich dann zum ersten Mal wirklich überrascht. Man hat die Bäume auf ganzer Länge mit farbigen Lampions geschmückt. Das sieht sehr lustig aus, sehr sommerlich. Abends ist es bestimmt ein leuchtendes Highlight. Warum lässt sich Hamburg nicht mehr davon einfallen? In London stolpert man alle paar Meter über solche netten Dekorationen. Hamburg ist diesbezüglich ausgesprochen sparsam. Und wenn dann mal ein privater Unternehmer eine Idee hat, wird die so lange durch bürokratische Mühlen gedreht, bis nichts mehr davon übrig bleibt.
Dann entdecke ich noch eine Überraschung. Diesmal war Mutter Natur am Werk. Ein Wasservogel hat sich einen sehr speziellen Platz für sein Nest gesucht. Immerhin ist ein Küken bereits geschlüpft. Es hat leuchtend rote Federn am Kopf und sieht ziemlich exotisch aus. Auf jeden Fall ein Hingucker, der Vogel wird wohl viel Brot sammeln können, wenn erst einmal die Gäste im Restaurant eintrudeln. Damit habe ich immerhin drei Entdeckungen gemacht, die mich wirklich erfreut haben. Zuerst das Alster Monster, sogar doppelt gesichtet und vermutlich enge Verwandte von der schottischen Nessie. Dann die kunterbunt geschmückten Bäume und schließlich ein Vogelnest auf dem Präsentierteller gebaut. Immerhin, für die kurze Tour um die kleine Binnenalster, ist das akzeptabel. Das will ich dann mal mit einem klaren Daumen hoch bewerten.