Rudolf und seine Gang?

Wir haben Besuch bekommen. Eine Gruppe, mit dem Namen ‚Archer‘ also ‚Bogenschütze‘, hat sich am Sandtorhafen eingefunden. Erst dachte ich, die weihnachtlichen Renntiere verbringen ihre Sommerferien in Hamburg. Denn die Namen, die ich am Schiffsrumpf lesen konnte, erinnerten mich sofort an Rudolf und seine Brüder: Archer, Pursuer, Example, Smiter, Biter und Dasher. Ein schwimmendes Rudel war über Nacht eingetroffen. Hoffentlich ein friedlicher Besuch, oder ist der Ernstfall eingetreten? Die sechs Boote gehören nämlich der Royal Navy an und werden u.a. für die Hafenverteidigung eingesetzt. Sie sind klein, schnell und wendig, trotz ihres Alters. Sie wurden nämlich schon vor fast fünfzig Jahren in Dienst gestellt. Vermutlich sind sie noch immer topfit, denn um zur heimatlichen Insel zurückzukehren, müssen sie über die nicht immer ruhige Nordsee fahren.
 
 
 
Die Boote der Archer-Klasse können aber noch deutlich mehr. Sie eskortieren oftmals die britischen Unterseeboote, wenn die in ihren schottischen Heimathafen einlaufen. Sie werden als Begleitschutz eingesetzt oder auch zu Such- und Rettungszwecken auf hoher See. Zwei baugleiche Schiffe waren beim Diamond Jubilee auf der Themse zu sehen. Sie fuhren seitlich neben der königlichen Barke, auf der Queen Elizabeth II und ihr Mann im strömenden Regen der jubelnden Zuschauermenge zuwinkten. Der Herzog, Philip, lag am nächsten Morgen im Krankenhausbett, mit einer Blasenentzündung. Die Königin hielt wacker durch. Die damals eingesetzten Boote ‚Ranger‘ und ’Trumpeter’ sind leider nicht dabei, aber dann wäre wohl auch der Liegeplatz eng geworden. Gleich sechs Boote auf einmal sind selbst für den Sandtorhafen eine nicht alltägliche Herausforderung.
 
 
 
Die Schiffe sind mit Maschinengewehren ausgestattet und werden oftmals für Übungsfahrten genutzt. Die jungen Soldaten/innen absolvieren dann ihr Training auf dem Boot. Sie dürften topfit und bestens geschult sein und deshalb kann die HafenCity beruhigt schlafen gehen. Jedenfalls bis Sonntagmorgen, denn dann werden sich die ersten beiden Boote auf den Heimweg machen. Die anderen vier werden erst am Montagmorgen ablegen. Vielleicht gehe ich dann zu den Landungsbrücken und winke ihnen hinterher. Ach, gerne würde ich mitfahren und endlich mal wieder London besuchen. Allerdings werden die Archer-Boote dort kaum festmachen. Ihr Ziel könnte die Marinebasis Faslane sein und die liegt tief in den Fjorden von Schottland versteckt.