Wo ist das 18. Jahrhundert geblieben? Ist in den einhundert Jahren nichts passiert? Doch, sogar sehr viel. Aber ich möchte mich nicht verzetteln. Vom 18. Jahrhundert merke ich mir das Jahr 1712, denn damals brach letztmalig die Pest in Hamburg aus. Nach zwei dunklen Jahren zählte man rund 10.000 tote Hamburger.

Dann geschehen in kurzen Zeitabständen immer mehr Dinge. Das scheint sich bis heute fortzusetzen. In meiner Kindheit waren zehn Jahre noch eine feste Planungsgröße, heute weiß kein Mensch, was morgen geschehen wird. Seit Jahren lese ich Nachrichten nur noch im Internet, eine Tageszeitung wäre nutzlos, denn ihr Druck ist viel zu lange her. Je näher ich in meiner Chronik der Gegenwart komme, desto mehr Ereignisse liegen dokumentiert vor. Ich entscheide mich für einige markante Ereignisse, wähle sie mehr oder weniger willkürlich aus. Sie sollen eine zeitliche Orientierung ermöglichen. Manchmal denkt man, ‚was, das ist schon so lange her?‘ oder genau das Gegenteil.

Mai 1842

Der Große Brand

Drei Tage lang wütet ein Großfeuer in der Stadt. Die Feuerwalze beginnt am Nikolaifleet am Hafen und zieht sich durch die Stadt bis zur Binnenalster. Sieben Kirchen und fast 2.000 Häuser werden zerstört. Rund 20.000 Hamburger sind obdachlos. Wie durch ein Wunder gibt es nur wenige Tote. Man nutzt die Katastrophe für einen Neuaufbau der Stadt, die anschließend ganz anders aussieht.

1815

FHH

Geschafft! Hamburg trägt ab jetzt den Namen 'Freie und Hansestadt Hamburg'. Mit anderen Worten, man gilt ab sofort als souveräner Staat innerhalb des Deutschen Bundes. Man zahlt weder Abgaben noch muss man im Kriegsfall Soldaten stellen. So gefällt es den Hamburgern. Eine kleine Vorwegnahme des britischen Brexits.

1806

Napoleon

Am 19. November besetzten die Französischen Truppen die Stadt. Der Hamburger Rat reitet ihnen entgegen und händigt die Schlüssel freiwillig aus. Das erspart die Verwüstung. Aber der wirtschaftliche Schaden ist enorm. Der Handel mit England wird verboten, der Schmuggel gedeiht. Erst Ende Mai 1814 ziehen die Franzosen endgültig ab, nachdem zwischenzeitlich die Russen einmarschiert waren. Die Bevölkerung erduldet viele entbehrungsreiche Jahre mit Einquartierungen, Hunger und Not.

1888

Speicherstadt

Die Speicherstadt wird vom Kaiser persönlich eingeweiht. Binnen weniger Jahre wurde sie erbaut und dafür mussten unzählige Hamburger umziehen. Das war ganz und gar nicht freiwillig und wurde rigoros durchgesetzt. Die Verantwortlichen sahen keine andere Möglichkeit, denn Hamburg konnte Bismarck nicht länger widerstehen und musste sich dem Zollgebiet des Deutschen Reiches anschließen. Um von den Preußen unabhängig Handel betreiben zu können, benötigte man den Freihafen.

1892

Cholera

Das Jahrhundert endet mit einer tödlichen Krankheit. Die Cholera macht sich über das ungefilterte Elbwasser breit, dass die Hamburger aus ihren Brunnen schöpfen und dann trinken. Als man die Ursache endlich einsieht, beginnen die Aufräumarbeiten. Hamburg bekommt ein Rohrleitungssytem für gefilteres Trinkwasser und reguliert die Ableitung des Schmutzwassers. Ein Engländer schafft das technische Wunderwerk. Sein Name ist nur wenigen bekannt. Er heißt William Lindley.