Windstärken

Wenn man am Wasser leben will, dann fängt man an, sich mit Dingen zu beschäftigen, die bisher nie eine Rolle gespielt haben. Heute Morgen habe ich mir eine App installiert, die mir die Gezeiten anzeigt. Jetzt weiß ich genau, wann Hoch- bzw. Niedrigwasser eintritt und mit welcher Höhe gerechnet wird. Dabei wurde bewusst, dass ca. alle sechs Stunden die beiden Pole erreicht werden und der Rhythmus sich täglich um etwa um eine dreiviertel Stunde verschiebt. Der Grund ist in der Bewegung des Mondes zu finden, was mir nicht unbekannt war und doch faszinierte. Lebt man an einem tideabhängigen Fleet in Hamburg, dann hat man eine gigantische Monduhr vor der Tür. Irgendwann wird man den Wechsel so tief verinnerlicht haben, dass man selbst in diesem Takt schwingt. Das könnte sehr interessant werden.

Einem weiteren Naturaspekt werde ich künftig auch mehr Aufmerksamkeit schenken. Auch das lässt sich bequem mit dem Smartphone regeln, nämlich mit der Wetter-App. Eine Funktion, die ich bisher ausgeblendet hatte, wird ab sofort wieder aktiviert. Ich rede von der Windanzeige, den kleinen Pfeilen, die mich bisher eher störten. Durch Antippen erfährt man dann die erwartete Windgeschwindigkeit. Je höher der Wert, desto heftiger der Wind. Aber wie weit reicht eigentlich die Skala und ab wann wird es ungemütlich? Das will ich genauer wissen und stieß gleich mal auf eine amüsante Geschichte.

Die Windstärken werden in der Einheit ‚Beaufort (Bft)‘ gemessen. Die Skala reicht von 0 bis 12 und wurde nach dem englischen Seefahrer Sir Francis Beaufort benannt. Daran sind zwei Dinge interessant. Erstens geschah das erst im Jahre 1906, als der britische Wetterdienst erstmals eine Kategorisierung der Windgeschwindigkeiten veröffentlichte. Zweitens hat Sir Francis die Skala gar nicht erschaffen. Er war zwar ein wackerer Seemann, aber kein Meteorologe. Sein Landsmann John Smeaton könnte man eher dafür ehren, aber sein Name ist nicht so schön. Wer will schon wissen, wie viele Smeatons gerade wehen? Also blieb es bei Beaufort. Trotzdem dauerte es noch über einhundert Jahre, bis man endlich eine einheitliche Definition für die Windstärke einführte. Das geschah durch den britischen Wetterdienst, der 1906 damit anfing. Die Dithmarscher Bauern brauchen es nicht, denn sie haben ihre eigene Messlatte: „Sturm ist, wenn die Schafe keine Locken mehr haben.“

Mit der Beaufort-Skala ist es nicht sehr viel genauer. Eigentlich beschreibt sie nur Zustände, ohne Messwerte zu nennen. Die einzelnen Windstärken werden eher vage umschrieben. Aber das ist vielleicht auch gut so, denn eine exakte Benennung hilft nur dann weiter, wenn man sie auch versteht. Deshalb benutzen wir umgangssprachlich kaum einmal den Beaufort-Wert. Wenn’s heftig pustet, dann herrscht starker Wind und wenn der sich noch verstärkt, dann kachelt es ganz mächtig.

 

Die Beaufort Skala

0 Bft – Windstille und spiegelglatte See.  7 Bft – steifer Wind und weißer Schaum von den brechenden Wellenköpfen.
1 Bft – leiser Zug und leichte Kräuselwellen. 8 Bft – stürmischer Wind und ziemlich hohe Wellenberge, überall Schaumstreifen
2 Bft – leichte Brise und kleine, kurze Wellen. Oberfläche ist glasig. 9 Bft – Sturm und hohe Wellen, Brecher beginnen sich zu bilden
3 Bft – schwache Brise und Anfänge der Schaumbildung. 10 Bft – schwerer Sturm und sehr hohe Wellen, schwere Brecher
4 Bft – mäßige Brise und kleine, länger werdende Wellen, recht regelmäßige Schaumköpfe 11 Bft – orkanartiger Sturm und brüllende See, Wasser wird waagerecht weggeweht
5 Bft – frische Brise und mäßige Wellen von großer Länge, überall Schaumköpfe. 12 Bft – Orkan und See vollkommen weiß, Luft mit Schaum und Gischt gefüllt, keine Sicht mehr
6 Bft – starker Wind und größere Wellen mit brechenden Köpfen, überall weiße Schaumflecken.  

 

Man kann es sich aber auch anders orientieren. Sobald sich ein Fähnchen bewegt, sind wir bei 3 Bft. Kann man den Wind deutlich hören und sehen, wie sich die kleinen Laubbäume bewegen, dann sind wir schon bei 5 Bft. Wenn Ihnen der Regenschirm aus Hand fliegt, dann tippe ich auf 6 Bft und wenn die Gartenmöbel wegfliegen, reden wir von 9 Bft. Natürlich nicht die billigen Plastikhocker. Bei 11 Bft fängt das Auto an zu springen, also lieber stehen lassen, andererseits ist es dann auch unmöglich auf den Füßen zu bleiben. Bei 12 Bft sind Sie vermutlich im Urlaub in der Karibik und sollten das machen, was das Hotelpersonal rät. In Deutschland, jedenfalls im Landesinneren ist das noch nicht aufgetreten, aber wer weiß. Wir hatten bisher praktisch nie Temperaturen nahe der 40° und im Sommer 2022 wird es zum Regelfall. Ausschließen kann wohl nichts mehr.

 

Ein steifer Wind weht. Die Böen erreichen bis zu 50 km/h. Das liegt auf der Grenze zwischen Windstärke 6 und 7. Im Wasser treibt deutlich sichtbarer Schaum. Man braucht eine Mütze und die sollte fest auf dem Kopf sitzen.