Coffee Plaza

Den Platz gibt es wirklich und vermutlich ahnen Sie auch, wo man ihn findet. Ja, er liegt in der HafenCity, gleich neben den Magellan Terrassen. Die hat man am Ende des Sandtorhafens errichtet und im Sommer werden die Stufen gerne als Liegefläche genutzt. Der Ort ist perfekt, weil immer ein laues Lüftchen von der Elbe weht. Eigentlich dienen sie aber der Flutabwehr, denn bei einer Sturmflut steigt das Wasser weit über die Uferpromenade hoch. Dank der aufwendigen und gut versteckten Topografie bleiben die Straßen und die Coffee Plaza stets trocken. Ich bin mir sicher, dass die meisten Besucher die Stufen ’nur‘ als Sonnenplatz erkennen, denn man hat sogar bequeme Holzliegen spendiert. Schlau gemacht. Ein Zweckbauwerk, das Freude verbreitet.

Ursprünglich erstreckte sich der Sandtorhafen viel tiefer in den Kai hinein. Weil dort aber keine Frachter mehr anlegen, hat man das Hafenbecken um die Hälfte verkürzt. Jetzt ist es „nur“ noch einen halben Kilometer lang und die zugeschüttete Fläche wurde begrünt. Eine kleine, aber nette, Grünanlage, der Sandtorpark entstand dort und geht nahtlos in die Coffee Plaza über. Ich gehe fast täglich dort vorbei, weil es auf meinem Weg zum Bäcker liegt, bin aber nie in den Platz eingebogen. Warum auch? Dort stehen Bürohäuser und eine überdimensionierte Kaffeebohne. Sieht nett aus, lockte mich aber bisher nicht zum Näherkommen.

 

Ich stehe am Sandtorhafen und blicke auf die Magellan Terassen. Dahint erhebt sich ein Büroturm, der mitten auf der Coffee Plaza steht. Davor sieht man das Grün des Sandtorparks.

 

Einen Spaziergang mache ich täglich, seit ich in der Stadt lebe. Je älter man wird, desto wichtiger wird die Bewegung. Ich fand bisher leider nie Freude an sportlicher Betätigung und kompensiere den Mangel durch mehr oder weniger lange Rundgänge. Hauptsache täglich. Ein lockendes Ziel findet sich immer. Meistens habe ich auch die Kamera dabei, aber an trüben Tagen ist es nicht ratsam allzu viel Himmelsgrau auf dem Foto einzufangen. Das sind dann die Tage, an denen ich anfange, auf Details zu achten. Und so kam es, dass ich mir die Kaffeebohne in der HafenCity näher anschaute. Sie ist gar nicht zu übersehen, vermutlich fünf Meter hoch und aus Bronze gegossen. Die Verbindung zum Standort drängt sich von allein auf, denn die Speicherstadt, die nur einen Steinwurf entfernt ist, war einer der Haupthandelsplätze von Rohkaffee. Ich bin mir nicht sicher, ob dort noch heute Kaffeebohnen lagern, weiß aber, dass sie nicht mehr in Säcken, sondern in Containern transportiert werden. Das ist aber nur ein Grund für den Platz und die auffällige Bohne. Der andere ist nicht sofort sichtbar, obwohl das Haus groß genug ist. Es geht nämlich um den runden Turm, der der Firmensitz der ‚Neumann Kaffee Gruppe‘ (NKG) ist. Direkt daneben steht das Bohnen-Denkmal.

 

 

Zunächst konnte ich mit dem Namen ‚Neumann‘ gar nichts anfangen. Ich habe weder von Michael R. Neumann noch von seinem Sohn David M. Neumann jemals gehört. Und einen Neumann-Kaffee habe ich nie getrunken, oder? Jeder kennt Herrn Darboven, der immer so elegant gekleidet ist, oder den ‚Tchibo Mann‘ mit seinem stattlichen Schnauzer (im Gesicht). Aber wer ist Herr Neumann? Nun, es geht um ein Kaffeegroßhandelsunternehmen mit Sitz in Hamburg. Gegründet wurde die Firma 1938 von Hanns R. Neumann in Hamburg und inzwischen ist man rund um den Erdball tätig. Noch immer ausschließlich auf das Produkt Kaffee konzentriert und wahrscheinlich der größte Händler weltweit. Auf der Firmenwebseite konnte ich lesen, dass man noch immer ein Lager im Hamburger Hafen betreibt, wo die Bohnen auch veredelt werden, indem man sie röstet.

Der Kaffeehandel war und ist ein klassisches Geschäft in der Hamburger Speicherstadt. Neben Kakao, Tabak, Gewürzen und dem direkten Konkurrenten Tee, gehört die braune Bohne zum Standardsortiment des Freihafens. Die Produkte hatten einen langen Weg, denn alle wurden in der Dritten Welt geerntet. Bei uns konnte man sie dann im ‚Kolonialwaren Geschäft‘ kaufen. Die Arbeitsbedingungen in den Herkunftsländern waren nicht gut. Darunter leiden die Firmen bis heute, weil man ihnen gerne Ausbeutung vorwirft. Damit sieht sich wohl auch die NKG konfrontiert und hat reagiert. Es wurde eine Stiftung gegründet und Aufklärung betrieben. Wer heute mit diesen Produkten sein Geld verdient, muss sich ethische Regeln geben, sie befolgen und vor allem auch publik machen. Dazu dient vermutlich auch das Kunstwerk der bronzenen Kaffeebohne. Sobald man nämlich näher herantritt, sieht man die vielen Botschaften, die rundherum eingeritzt wurden. Alles, was es zum Kaffee zu sagen gibt, ist dort zu finden. Von der chemischen Formel bis zur Bach-Kaffee-Kantate. Aber auch das Versprechen stets ‚cooperative‘, ‚responsible‘ oder ‚proactive‘ zu handeln. Ein bunter Katalog, den ich studierte, indem ich gleich mehrfach die Bohne umrundete. Schließlich entdeckte ich dann auch noch zwei Namen. Sie waren tief unten, relativ klein zu lesen: „Michael R. Neumann, Hamburg 2009“ und „Lotte Ranft“, die Künstlerin, die das Werk geschaffen hat. Damit hatte ich den roten Faden gefunden und konnte dann alles Weitere im Internet recherchieren.

 

 

Hier findet man die Coffee Plaza: