Ein Platz für Bäume

Gestern hatte ich einen gemütlichen TV-Abend. Ich entschied mich für eine Folge aus der Serie ‚Donna Leon‘, die in der Lagunenstadt Venedig spielt.  Natürlich habe ich die Folgen schon einmal gesehen und weiß, wie die Sache ausgeht, das schmälert meine Freude nicht. Aber bitte mit Uwe Kockisch in der Rolle des Commissario Guido Brunetti. Gemeinsam mit seinem Assistenten Sergente Vianello (gespielt von Karl Fischer) und dem wunderbaren Michael Degen, in der Rolle des selbstverliebten Vice Questore Guiseppe Patta. Es geht dabei gar nicht so sehr um den Fall oder die Frage, wer der Mörder war, als vielmehr um die herrlichen Bilder von Venedig, die von stimmungsvoller Musik (André Rieu) untermalt werden. Ein Kritiker bezeichnete die Serie einmal mit den passenden Worten: ‚Eine handwerklich einwandfreie Realitätsflucht-Muse der leichten Art‘. Recht hat er und ich genieße es gerade auch aus diesem Grund. Bin ich dann aber wieder in der realen Gegenwart, dann habe ich eine ganz andere Meinung zu Venedig. Im Gegensatz zu vielen anderen Menschen würde ich niemals in die Stadt reisen. Das hat zwei Gründe. Der eine hat mit dem Wasser zu tun, in dem die Häuser stehen. Man sieht es dem Mauerwerk an, überall ist das feuchte Nass hochgezogen und das führt unweigerlich zu Schimmel. Der zweite Grund ist außerhalb der Häuser zu finden. Dort fehlt mir etwas Wichtiges, nämlich die Bäume.

 

 

Was soll die Stadt machen? Sie platzt aus allen Nähten. Man wohnt auf einer Insel und kann nun mal die Fläche nicht erweitern. Da muss man sich entscheiden, entweder Häuser oder Gärten. Für beides reicht der Platz nicht aus. – Gedankensprung nach Hamburg. Wir sind mitten im Hafen, dort, wo gearbeitet wird. Also südlich der Norderelbe, auf dem Grasbrook. Hier wohnt niemand, hier ist Industriegebiet. Auf dem Luftbild sieht man Tanks, Lagerhallen und ein Schiff am Kai. Am Anleger für die Fähre sind ein paar grüne Flecken erkennbar. Es ist eine kleine Rasenfläche und ein paar Büsche. Ansonsten ist kein Strauch oder Baum zu finden. Das wundert niemanden, denn dort werden Chemikalien hergestellt. Das ist keine Fläche für Bäume & Co. Sollten hier jemals Wohnungen gebaut werden, dann müsste der Boden erst einmal umfangreich saniert werden.

Ich stand auf dem Platz vor der Elbphilharmonie. Dort wurde man an diesem Wochenende wieder einmal kreativ. Man hat zum ‚Turmbau von Hamburg‘ eingeladen. Eine inhaltlich kunterbunte Veranstaltung, deren Sinn oder Zweck mir verschlossen blieb. Ich habe zwar einen Blick auf die Webseite geworfen, konnte aber nicht herausfinden, was man eigentlich beabsichtigte. Eine Mixtur aus Kunst, Kultur und ein bisschen Kritik. Für jeden etwas. Im Mittelpunkt ein Bild vom biblischen Bauwerk in Babel, das nun von jedermann erneut erschaffen werden sollte. Dazu ein wenig Live Musik, quer durch alle Geschmäcker, ein wenig Moderation und ein wenig Kritik am Elbtower, der noch immer auf seine Vollendung wartet. Ich bin aus der Sache nicht schlau geworden, hatte eher den Eindruck, dass hier ein gigantisches ‚Malen nach Zahlen‘ stattfand. Aber warum nicht, irgendwie muss man die Freizeit ja füllen. Ich machte ein, zwei Fotos und dabei entdeckte ich etwas im Hintergrund, was ich sonst sicherlich nicht bemerkt hätte. Da standen nämlich einige buschige, grüne Bäume am Ufer. Sie waren auf dem Gelände von ‚Hywax‘, unmittelbar vor den hohen Tanks, zu sehen. Was für ein ungewöhnlicher Ort, dachte ich mir. Und wenn man die Bilder vergrößert, dann sieht man, dass nachgeholfen wurde. Man hat riesige Kübel aufgestellt und diese dann mit den Bäumen bepflanzt. Eine tolle Idee, eine schöne Geste. Genau wie die Blumen vor dem Restaurant ‚Carls‘, die auch dem leeren Platz vor der Elphi eine freundliche Note geben. Das gefällt mir und erinnert mich an England. Dort erlebt man im Sommer eine Blütenpracht, egal ob man in kleinen Orten oder in London ist. Die Engländer finden überall eine Möglichkeit, um ein paar bunte Blumen anzupflanzen. Das schenkt jedem Besucher Freude und wird inzwischen auch immer öfter in Hamburg praktiziert. Mein Tipp: Bis zum 8. August kann man sich noch die Hamburger Sommergärten in vielen Quartieren in der Innenstadt ansehen. Ich werde in den nächsten Tagen dort eine kleine Foto-Tour starten. Wer will, kann es auch mit einer Shopping-Tour verbinden.