Museumshafen

Ich habe erst in diesen Tagen entdeckt, dass Hamburg mehr als einen Museumshafen hat. Warum auch nicht, schließlich gehören wir noch immer zum Club der 20 größten Häfen der Welt, trotzdem hat es mich überrascht. Da gibt es erst einmal den Museumshafen in Övelgönne, direkt über dem Elbtunnel gelegen, was für den Besucher natürlich keine Orientierungshilfe ist. Dann schon eher der Altonaer Fischmarkt mit der neuen Schlepperbrücke, an denen die PS-starken Boote festgemacht sind. Ein anderer Museumshafen liegt ein ganzes Stück flussaufwärts, noch hinter der Elbphilharmonie. Gleich danach biegt man rechts ab (sorry, ich meine natürlich steuerbord), taucht in den Hansahafen ein und kommt schon bald zum Schuppen 50A, Standort des Deutschen Hafenmuseums. Hier haben sie sozusagen ihre Außenstelle, wo man Schiffe im ureigenen Element zeigt.

Schließlich gibt es noch einen Platz für alte Schiffe mitten in der HafenCity. Dort hat man den alten Sandtorhafen zum Traditionsschiffhafen umgebaut (offizielle Bezeichnung, die vermutlich auch sprachbegabte Touristen ratlos stehen lässt. Die Übersetzung ‚Traditional Ship Harbor‘ geht auch nicht wirklich ins Ohr, dann schon eher ‚old meets new‘). Der Ort ist allerdings eine gute Wahl, denn dieses Hafenbecken ist die Wiege des modernen Hafenbetriebs. Es war die erste Kaianlage, an der große Schiffe festmachen konnten. Vorher mussten sie in der Fahrrinne vor Anker gehen und ihre Fracht wurde dann auf Schuten umgeladen. Im Sandtorhafen gelang die Ware direkt aus dem Schiffsbauch in den Speicher, eine enorme Zeiteinsparung. Und das wirkte sich auch auf den Gewinn aus. Die Idee war also zukunftsfähig.

Vermutlich gibt es noch weitere Museumshäfen in Hamburg, ich glaube u.a. in Harburg, wo ich leider noch nie war. Aber auch so bieten sich mehrere Gelegenheiten und ich schaffte es gleich drei der Häfen an einem einzigen Tag zu besuchen. Dabei hatte ich es gar nicht geplant, aber mir war es sehr willkommen, denn so konnte ich ein paar Eindrücke vergleichen. Und wie so oft, gefiel mir nicht alles, was ich sah.

Meine erste Tour startet auf einer der Fähren an den Landungsbrücken. Wir tuckerten flussabwärts bis nach Teufelsbrück. Die Sonne lachte vom Himmel und der Elbstrand war schon voller Menschen. Einige waren mutig genug, in der Elbe zu baden.

 

Der Elbstrand bei Övelgönne. Schön, dass der Fluss inzwischen so sauber ist, dass man dort wieder baden kann. Übrigens steht da tatsächlich ein Mann auf einem Floß. Er braucht keine Hilfe, denn er ist Teil eines Kunstwerks. Er hat noch drei Brüder in Hamburg, die auf anderen Gewässern ausgesetzt wurden.

 

 

Einige Stunden später, schaukel ich mit einer Barkasse durch den Hamburger Hafen. Das kleine Boot kann auch in die Fleete fahren, wenn genug Wasser vorhanden ist. Hamburg hat einen Tidehafen und das bedeutet einen Höhenunterschied von gut dreieinhalb Meter zwischen Ebbe und Flut. Innerhalb von sechs Stunden steigt der Wasserstand von Niedrig- zu Hochwasser. Das bewirkt einen stetigen Gezeitenstrom, mit anderen Worten, das Wasser ist ständig in Bewegung. Es gibt einen kurzen Moment bei maximalem Hochwasser, wo es ganz ruhig wird. Stillstand. Dann schlägt die Fließrichtung um. Gleich danach setzt die Strömung wieder ein.

Weil Ebbe ist, muss der Barkassenführer improvisieren. Er bietet einen Abstecher in den Museumshafen an und ich freue mich riesig, denn endlich kann ich den legendären Großsegler, die Peking, mit eigenen Augen sehen. Sie war wochenlang das Thema in Hamburg, als das schwimm untaugliche Schiff aus New York abgeholt wurde. Mit modernster Technik hat man es dann über den Atlantik bis nach Hamburg gebracht. An der Elbe wurde erst einmal eine Werft aufgesucht und mehr oder weniger alles erneuert. Jetzt ist der Rumpf neu und wasserdicht und auch die Masten und die Takelage sind restauriert geworden. Alles ist picobello und endlich kann das Schiff besichtigt werden. Seit April lädt man Touristen zum Rundgang ein, ich frage mich aber, ob die auch kommen? Falls sie nämlich keine eigene Yacht haben, müssen sie mit der Fähre bis zur Arningstraße übersetzen und dann mit dem HVV Bus bis zum Hafenmuseums weiter gondeln. Alternativ wird die S-Bahn bis zur Veddel plus HVV Linienbus empfohlen. Soll das ein Witz sein? Warum kann man das schöne Segelschiff nicht an einem angemesseneren Ort präsentieren? Man muss doch nur nach Travemünde blicken, wo die stolze Schwester Passat im Hafen liegt. An attraktiver Stelle, von Weitem schon sichtbar. Wir hingegen verstecken den Viermaster in einem kleinen Hafenbecken, ganz hinten an der Kaimauer, wo es nicht mehr weitergeht. Da hockt sie in der Ecke, wie ein frevelhafter Schüler, der Buße leisten soll (heute hoffentlich nicht mehr üblich, ich habe es noch erlebt). 

Ich war jedenfalls enttäuscht, sowohl vom Ort als auch vom Anblick. Aber das mag an meinen überzogenen Erwartungen gelegen haben. Oder einfach daran, dass ich in London die Cutty Sark besuchte, die in der Themse bei Greenwich liegt (bequem mit der Londoner U-Bahn erreichbar). Die Engländer haben ihren Tea-Clipper auf einen Glas-Sockel gehievt, sodass man unter dem Bug hindurchspazieren kann. Ein Anblick, der wirklich beeindruckt. Hingegen war ich von der Peking im Hamburger Museumshafen nicht ganz so begeistert und an der Größe kann es nicht liegen, denn die Peking ist volle 30 Meter länger als die Cutty Sark. 

 

 

Alle guten Dinge sind drei, also machte ich mich abends noch einmal auf den Weg. Ich wollte ohnehin noch zur Aussichtsplattform in der Elbphilharmonie und dabei komme ich automatisch am Sandtorhafen vorbei. Das Hafenbecken wurde komplett renoviert, bevor man mit der Bebauung begann. Die Spundwände sind aufwendig instand gesetzt worden, an der hinteren kurzen Seite hat man die Magellan Terrassen angelegt und in das Hafenbecken selbst wurde eine schwimmende Flaniermeile gelegt. Sie besteht aus einzelnen Pontons, die mit gewaltigen Schlössern untereinander verriegelt sind. In einem Zelt werden Fischbrötchen verkauft, ein Museumsschiff dient als schwimmendes Hotel. Es hat allerdings nur ein Zimmer, man sollte also rechtzeitig vorbestellen. Ein paar Stühle wurden aufgestellt und ein Souvenirladen mit angeschlossenem Museum bietet ausgefallene maritime Sammlerobjekte an. Von der Meerjungfrau bis zum Klabautermann kann man dort so ziemlich alles finden.

Im Wasser dümpeln einige Schiffe. Die ‚Seute Deern‘ gammelt vor sich hin. Einst ein Party-Schiff, momentan ein ziemlich schmutzig aussehender Kahn. Manchmal rudert jemand im Paddelboot vorbei. Ein kleines Motorboot, das nach Eigenbau aussieht, dampft zum Liegeplatz. Rechts und links die schicken neuen Häuser, mit Wohnungen und Büros. Eigentlich eine nette Gegend mit first class Lage. Hier strömen die Touristen vorbei, denn sobald sie auf der Landungsbrücke stehen, sehen sie die Elphi und wollen dorthin. Wenn hier die Peking liegen würde, wäre das vermutlich ein gigantisches Bild. Oder passt sie womöglich gar nicht in das Hafenbecken? Vor der Brücke, also gleich neben dem Konzerthaus, müsste es doch eigentlich passen. Ja, das wäre schön und ich wünsche es mir. Warten wir mal ab, vielleicht überlegt man es sich noch einmal und holt die maritimen Schätze aus ihrer abgelegenen Ecke heraus. Mit der Cap San Diego und der Rickmer Rickmers hat man es doch längst ausprobiert und mein Eindruck ist, dass der Versuch erfolgreich war. Also los, traut euch und stellt die Lady in die erste Reihe.